top of page

VERLUST vs. LOSLASSEN Das eine erleidest du, das andere schaffst du



rosa Blütenblätter auf Asphalt

Wahrscheinlich weißt du, wie es sich anfühlt, jemanden zu verlieren, der wichtig für dich war. Oder auch etwas!

Bei jeder Art von Trennung steht der Verlust am Anfang, egal, ob das Vertrauen gestorben ist oder ein Freund oder ob du deinen tollen Beruf aufgeben musst, weil du in Rente gehst. Und je mehr Bedeutung ein Verlust für uns hat, desto schmerzhafter fühlen wir ihn. Zu weinen oder darüber zu reden, lindert den Kummer für kurze Zeit, mehr aber auch nicht. Denn bei einem schweren Verlust fühlen wir uns, als hätten wir uns selbst verloren, weil wir über den konkreten Verlust hinaus ja noch viel mehr verlieren:


Wir verlieren die Sicherheit, gehalten zu werden.

Wir verlieren die Sicherheit, einen Anker zu haben.

Wir verlieren die Sicherheit, mit beiden Beinen auf festem Boden zu stehen.


Ja. Das fühlt sich absolut bedrohlich an. Der Verlust von Sicherheit hebt unsere Identität aus den Angeln. Plötzlich fehlt jemand oder etwas ganz Wesentliches in unserem Leben, auf den oder auf das wir uns immer verlassen haben. Eine zuverlässige Konstante. Es ist, als müssten die Punkte in einem Koordinatensystem plötzlich ohne x- und y-Achse auskommen und das können sie nicht und trudeln im Raum.

Das ist normal! Jedenfalls für eine Weile.

Wie lang diese Weile dauert, ist allerdings individuell verschieden. Beim Tod eines nahestehenden Menschen spricht man von einem Trauerjahr. Das ist berechtigt, kann genauso für jede andere Art von Trennung gelten und dauert in schweren Fällen auch länger.

Aber es gilt: Verlust vs. Loslassen. Denn tatsächlich muss dem Verlust ja irgendwann auch das Loslassen folgen. Allerdings nicht wegen mancher Aufforderungen, die du vielleicht auch schon mal zu hören bekommen hast: 

„Lass doch einfach los!“

oder

„Lass doch endlich los!“

oder

"Du musst loslassen!"


Als wäre es das Einfachste von der Welt. Das ist es aber ganz und gar nicht. Da ist ja keine Nabelschnur, die man mal eben mit der Schere durchschneidet und alles ist gut! Wenn du so etwas schon zu hören bekommen hast, schau dir den Menschen, der das gesagt hat, mal ganz genau an. Wer so was sagt, hat nämlich entweder nicht nachgedacht oder macht es sich selber gern leicht oder will sich auf dein Problem nicht einlassen. Auf jeden Fall gehören solche Menschen nach meiner Erfahrung nicht unbedingt zu den besten Freunden. Vielleicht haben sie irgendwann gelernt, das Loslassen als Strategie zu benutzen, um den Schmerz nicht mehr zu fühlen. Nur ist das leider kein Sieg über den Schmerz, sondern ein Verdrängen und - wie bei allen verdrängten Gefühlen - geht dieser Schuss irgendwann nach hinten los., denn Gefühle sind mächtig und ignoriert werden wollen sie nicht. Der Schmerz wird sich bei diesen Menschen zeigen, bis sie den Mut aufbringen, sich ihm zu stellen. Also,

lass dir nichts einreden!

Loslassen musst du natürlich auf jedem Fall, egal, ob mit der Hilfe von jemandem oder allein. Aber erst, wenn die Zeit reif ist.

Einen Verlust zu erleiden, ist passiv, dagegen ist das Loslassen aktiv. Es ist  mutig, beharrlich und entschlossen und es muss sein, denn das Loslassen ist die einzige Möglichkeit, die wir haben, um aus dem Kleben an einer toten Vergangenheit heraus- und in die lebendige Gegenwart des Lebens wieder hineinzukommen.

Loslassen ist kein einmaliger Akt, der auf einer einmaligen Entscheidung beruht. Es ist ein bewusster und oft anstrengender Prozess, weil der Schwebezustand des Verlustgefühls sich weder sofort noch willentlich in Wohlgefallen auflöst. Loslassen gelingt nur durch die immer wieder neue Entscheidung für das lebendige Ich im Hier und Jetzt. Und es gibt keine Garantie, dass die Entwicklung immer vorwärts geht. Stillstand zwischendurch ist normal und gehört zum Heilungsprozess. Sogar der Rückwärtsgang gehört dazu.

Aber mit dem Ziel, wieder am Leben teilzuhaben und es tatsächlich auch wieder zu fühlen, lässt sich das aushalten. Die Verantwortung dafür zu übernehmen und sich zu autorisieren, ist der eine Schlüssel dazu, Beharrlichkeit ist der zweite und die Hoffnung ist der dritte Schlüssel. Wenn du diese drei Schlüssel in der Hand hältst, wird der Prozess dir gelingen. Schritt für Schritt schaffst du damit Platz für Neues, sowohl in deiner Außen- als auch in deiner Innenwelt.

Das, was in deinem Leben gestorben ist, wirst du nicht vergessen, sondern kannst es in Ruhe betrachten. Und gleichzeitig bemerkst du, dass du dich neu positionierst in der Welt, dass dein Selbst-Bewusstsein erstarkt, dass du eine neue Perspektive auf die Welt und auf dich selbst entwickelst und dass du dich so lebendig fühlst wie schon lange nicht mehr.



Deine Claudia



Foto: © Ian Taylor auf unsplash


Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Kommentare


bottom of page